November 3, 2016
ZENTASTISCH: Ein kleiner Exkurs zu meiner ersten ZEN Erfahrung – das NICHTS oder auch als die absolute LEERE im Geist zu verstehen…Mhhm, ich wollte es kennen lernen! Ich habe schon einige Meditation Retreats miterlebt, fernab unserer westlichen Welt, in den nepalesischen Bergen und Klöstern des Himalayas. Das war alles kein Problem. Doch besonders seitdem ich wieder in Berlin lebe, verspüre ich einen starken inneren Drang, der mich zur ZEN-Meditation hinzieht.
Wie kam ich zu Zen?
Schon oft habe ich hier den koreanischen ZEN Buddhismus kontaktiert, aber bekam bis heute nie eine Antwort…ob die wohl alle in der Stille sind? So weit, so gut – „Dann soll es wohl nicht sein“, dachte ich mir und akzeptierte diese Gegebenheit erst mal. Trotzdem ließ mein Interesse nicht nach, ich war so neugierig darauf, aber wollte ZEN eigentlich auch nicht in Berlin erleben, so zwischen „Tür und Angel“, in meinen Alltag rein gequetscht…so stieß ich im Frühling auf ein mal auf eine Anzeige, in der ein Retreat in Bayern angeboten wurde und buchte einfach für Oktober 2016. „Endlich, wie toll“, ich freute mich die ganzen weiteren Monate auf dieses Event.
Wie ging es mit Zen weiter?
Jetzt war es soweit: Völlig unbefleckt und mit dem Thema fast nicht in Kontakt, startete ich meine Reise in den Süden Deutschlands. Auf dem Weg dorthin stellte ich mir immer wieder die Frage „Was ist ZEN?“. Obwohl ich bereits einiges über den Daoismus gelesen habe und auch philosophisch in die chinesische ZEN Richtung gewandert bin, war ich mir immer noch nicht wirklich darüber im Klaren, was ZEN genau bedeutet. „Egal, ich werde es ja eh herausfinden“, hörte ich mich in Gedanken sagen und mein innerer Monolog verstummte zunächst. Raus aus der pulsierenden Stadt, rein in die bayerische Idylle!
Ganz knapp und dementsprechend nicht ganz soooo tiefenentspannt, komme ich am Ort des Geschehens an und soll noch schnell zum Abendessen in den Speisesaal. Alles ist schon still, die letzten Sätze der Rede zum Abendessen vernehme ich, während ich einen Platz in der hinterletzten Reihe entdecke, auf den ich leise und auf Zehenspitzen zusteuere. Flink durchgeschlüpft und die Menschen um mich herum wahrgenommen, darf nun genüßlich geschlemmt werden. Kein Mucks ist zu hören – alles was du zum Essen und auch sonst brauchst, wird nur durch Augenkontakt kommuniziert. Klappt super, auf meinen Reisen mache ich das oft mit Menschen anderer Kulturen…
Ich checke in das Mehrbettzimmer ein, beziehe schnell mein Bett und orientiere mich in der Anlage. Dabei frage ich mich noch mal „Was ist eigentlich ZEN?“. „Ich weiß es nicht. Ja, was weiß ich denn schon und was wissen wir alle überhaupt?“
Ich stehe mit all den anderen Teilnehmern vor dem alten und großen Gewölbekeller. Wir betreten in Stille und ohne Schuhe den heiligen Ort. Ich bin gespannt und freudig zugleich, wer weiß was mich jetzt erwartet… Das Intro kurz gehalten, fast ohne Fülle…find ich gut. Im „Probe-Modus“ sitze ich, nur sitzen, das ist ALLES! „Jetzt nur noch die Augen offen halten, nein, nicht STARREN, lediglich auf einen Punkt vor dir schauen.“ Die Hände sind in einer Mudra Haltung gefaltet – „kenn ich, auch kein Ding.“
Dann gab es plötzlich Zen in motion
Vom der Bewegung in die Stille. Es geht los! „Ganz schön ruhig hier“…und dann kommt der Film vom Tag. Plötzlich gesellen sich Bilder meiner Woche dazu, mein Verstand zeigt mir die To-Do-Liste vor meinem inneren Auge und fragt mich, ob ich alles erledigt habe. Aber sowas von! „Ich habe jetzt RUHE und Stille, also Psssstttt“. Ich beginne leicht zu schauen. Dann geht der Verstand weiter, „so viele Menschen hier, wer ist das alles?“ Bla, bla, bla…ich konzentriere mich wieder auf den Punkt – nur sitzen, ich fühle mich und mein Herz…schließlich weiß ich ja auch wie das geht. Denke schon wieder…„Pssst“, denke ich, atme…konzentriere dich!!!
Der Diener kommt wieder und will die Stille nehmen. Einige Zeit im Sitzen vergeht, ich glaube sehr viel Zeit…Ein lauter Ton – wir stehen auf, beginnen nach Anweisung langsam zu gehen, ein Schritt nach dem anderen. Alle meine Knochen knacken, „was ist denn da los?“. Bei jedem kleinen Schritt löst sich etwas in mir, das hatte ich noch nie! „Psssst, nur gehen, konzentriere dich, atme und gehe einfach.“ Langsam finde ich mich im Flow ein und komme im Sitzen wieder in die Stille. Ich lausche noch einem spannenden Vortrag zur ZEN Geschichte mit philosophischen Anektdoten, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
„Wir sehen uns morgen um 5 Uhr!“ – verdammt ist das früh! Da ich eh total müde bin, alles kein Problem…werde jetzt duschen und gleich zu Bett, wohl schlafen wie ein Baby.
Haah – schlafen wie ein Baby, denkste! Im Mehrbettzimmer angekommen, ruhen schon 3 ältere Damen und ich muss im Dunkeln meine Duschsachen suchen. Auf Zehenspitzen und mit einer Taschenlampe „bewaffnet“ kämpfe ich mich zur Dusche durch, wo unter Schockstarre eiskaltes Wasser auf meinen Körper niederprasselt.
„Na prima, jetzt hat die Schockdusche mich total wach gemacht.“ Okay, dann lese ich mein ZEN Buch, welches ich vorab kurz in der kleinen Buchhandlung auf dem Gelände gekauft habe, im Badezimmer versteht sich, weil im Mehrbettzimmer schon alles schläft. Einfach flex-zen-bel die Gegebenheiten des Lebens annehmen.
Motiviert und Zentriert auf Zen
Nach dieser abenteuerlichen Nacht folgt am frühen Morgen ein schneller Walk, welcher mich am Leben erhält, da ich ja eigentlich schweinemüde bin. Sogar mein Gesicht ist verquollen und ich frage mich, wer das da eigentlich im Spiegel ist…die frische Luft und das schnelle Gehen bewirken jedoch Wunder und bringen Frische in meinen Geist. Dann ertöhten die Hölzer – STOPP.
Jetzt heißt es wieder, in die Stille zu gehen und zu sitzen…ich dachte, ich breche gleich zusammen! Diese Stunden waren für mich die Schlimmsten, weil ich nicht wusste wie ich meine Augen aufhalten soll. Und dann auch noch aufrecht sitzen, mir war eher nach umkippen nach vorn und einschlafen zumute…Immer wieder wechseln wir vom Sitzen zum langsamen Gehen – das nennt man ZAZEN, an alles was ich dabei denke, ist ein schöner warmer Kaffee, der mich wachhalten darf. „Puuh, ich sterbe gleich, wenn das so weiter geht“ und frage mich was Zeit eigentlich ist? Dann endlich, nach 3 Stunden, es läutet – es ist Frühstückszeit. Oh lá lá, Kaffeeeeee!!! Meditationskaffee, schwar-aber ohne Effekte. Bin nun fit. Es hat sich ausgeZENt.
Zen ist Motion
Jetzt bekommt jeder von uns eine Aufgabe, welche wir in 90 Minuten erledigen sollen – Dinge für die Gemeinschaft. Meine Aufgabe ist das Putzen. Ziel dabei ist, sich mit Hilfe der ZEN Meditation ganz dieser Tätigkeit zu widmen, ohne dabei an Verpflichtungen des Alltags und andere Dinge zu denken. Ich bemerke meine Gedanken und muss über mich selbst schmunzeln: Sogar das tolle Putzmittel zog nicht unbewertet an mir vorbei. Da wurde der Hersteller eingespeichert, analysiert und schon an das Umstellen auf dieses Produkt gedacht. „Verdammt, ich will hier nur im ZEN putzen!“
Die Vormittagsrunde wird eingeläutet und ratz fatz bin ich im schnellen Gehen drin…KINHIN, nun habe ich das Gefühl, dies seit hunderten von Jahren zu tun. Es geht weiter mit dem bekannten Wechselspiel von Stille und Sitzen und dem langsamen Gehen. ZAZEN again. Langsam bekomme ich eine Art Strategie, meinen Geist zu bändigen und schaffe es tatsächlich hin und wieder, mich in reiner Stille zu befinden – WOW.
Nach diesen Tagen war ich drin. Ich bekam, auch durch die interessanten Vorträge über ZEN, einen ganz anderen Einblick in die ganze Sache und ein Gefühl dafür, was ZEN eigentlich ist und bedeutet.
Am letzten Tag starte ich motiviert und gut gelaunt in den ZEN-Modus. Alles in Stille, jetzt fühlt es sich wie eine Art Vertrag an, den ich mit mir selbst eingegangen bin. Trotzdem nehme ich wahr, dass ich ZEN so früh morgens wohl nie richtig mögen werde, selbst nicht, wenn ich eine ZEN Meisterin wäre.
Am letzten Nachmittag dürfen wir dann das Schweigen brechen, bei Kaffee und Kuchen darf sich unterhalten werden. Ein komischer Moment und so ungewohnt nach all den vielen Stunden der Stille…mit einem Lachen brechen wir das Eis und fangen an, uns auszutauschen. So richtig wusste keiner, was er erst sagen sollte im Gegensatz zum Beginn des Retreats – da schwirrten vielen Teilnehmern Gedanken und Fragen im Kopf herum.
Ich entscheide mich, noch eine weitere Nacht zu bleiben. Fast niemand mehr hier – „was für ein wunderbarer Ort der Stille“ dachte ich und könnte fast hier bleiben, so sehr habe ich mich schon an das Zentrieren gewöhnt.
Am nächsten Tag ging es zurück nach Berlin. Auf meiner Fahrt in die Hauptstadt wurde meine neu erlernte ZENtrierung auf die Probe gestellt: Plötzlich musste die Bahnstrecke evakuiert werden, sodass es keine Chance gab, Anschlusszüge zu bekommen…„Na toll, ich muss ja heute nur in Berlin noch 3 Yogakurse am Abend leiten.“ Ich blieb erst mal ruhig in meinem ZEN Modus, versuchte die Dinge, die ich eh nicht ändern konnte, ganz und gar hinzunehmen. Letztendlich bekam ich einen Anschlusszug und traf 35 Minuten verspätet in Berlin ein.
Am Ende dieses langen Tages fiel ich in mein Bett und schlief nun mal wirklich wie ein Baby. Den Wecker, noch früher als sonst gestellt…seitdem vergeht kein Tag ohne ZEN in motion. Vorher war es nur Yoga, jetzt ist es Yoga & ZEN. Ich bin schon jetzt routiniert, habe vieles durch das Retreat erlebt und erfahren, obwohl ich noch am Anfang der Tiefen des ZEN stehe.
Dankbar und sehr glücklich darüber, dem Ruf meines Herzens erneut gefolgt zu sein, kann ich nur jedem empfehlen, sich mit dieser Philosophie auseinanderzusetzen und in die Stille zu gehen – ihr werdet staunen, was es in euch auslösen wird! Demnächst gibt es an anderer Stelle mehr zu der Thematik, denn das Einfachste im Leben ist oft das Schwierigste. Doch gerade dort liegen die größten Schätze verborgen, die wir alle entdecken dürfen.
In diesem Sinne ZEN-TASTISCHE Grüße.