Februar 29, 2016
Ich hätte nie geglaubt, so viel Spiritualität und Schöpfertum in einer europäischen Stadt zu finden. Am Anfang meiner Reise durch Marokko, hinein in die Wüste, wusste ich nicht, dass ich am Ende in Barcelona landen würde. Seit wann ist Barcelona eigentlich der Geheimtipp in puncto künstlerische Städte in Europa? Und warum habe ich bisher nie den Namen „Gaudi“ gehört?
Da stehe ich nun, völlig unverhofft, in Barcelona und bin immens beeindruckt von Gaudi, ganz im Bann der besonderen Architektur und dieser reinen Gigantomie gefangen. Wo mein Auge hinsieht, es erblickt nur noch Gaudi.
Spiritualität von Antonio Gaudi
Ich hatte gerade erst den Ausweg aus den verwirrenden Medinas in Marokko gefunden und verliere mich soeben in der spielerischen Alice-im-Wunderland-Welt des Herrn Antonio Gaudi. Für mich ist das Spiritualität in Reinform.
Spiritualität leitet sich aus dem lateinischen Wort „Spiritus“ ab, was so viel wie „Geist“ oder „Hauch“ bedeutet. Manchmal finden sich daneben Ableitungen wie „Spiro“, was so viel wie „Ich atme“ heißt. Ich kann nur sagen: Ich atme und bin überzeugt, dass dieser Mann spirituell war, Hand in Hand mit der Natur als Verbündeten gegangen ist und das erschaffen hat, was heute Barcelonas Hype begründet.
Selbst wenn es Antonio nicht bewusst gewesen sein mag, dass er spirituell veranlagt war, hatte er definitiv eine Verbindung zum Schöpfer. Alle Menschen, die ihre Arbeit im Gesetz der Natur ausüben und sie sich als Unterstützung an die Seite holen, kooperieren mit dem Schöpfer.
Wer solche Orte besucht hat (Sagrada Familia) und sieht, wie die Sonnenstrahlen bei Sonnenuntergang die Schatten noch facettenreicher erscheinen lassen, der hat den ganzen Anblick des göttlichen Meisterwerkes in seiner puren Spiritualität verstanden.
Im Prinzip ist Spiritualität etwas ganz Einfaches. Sie ist der Zustand des Bewusstseins und Wesens, quasi eine Integration und Verschmelzung von Verstand und Geist. Dieses Bewusstsein führt zu einem achtsamen Umgang mit der Natur als einem lebendigen Wesen. Daher drückt sich eine spirituelle Lebenshaltung durch Achtsamkeit und Bewusstheit aus, ebenso durch eine tiefe Reflexion, wie sie zum Beispiel durch Yogapraxis und Meditation möglich wird.
Es sind die inneren Abläufe der Natur, der permanenten Dinge mit dem dazugehörigen Lauf aller Ereignisse, die Spiritualität ausmachen. Spiritualität erleben wir an heiligen Orten, beispielsweise in Kirchen, Tempeln, an Naturplätzen und allen Orten, von denen Stille und Präsenz ausgehen. Sie spiegeln Spiritualität ohne Purismus, sie sind Anmut und Fülle.
Die, die sich die Gesetze der Natur als Unterstützung für ihre Arbeit holen kooperieren mit dem Schöpfer.
Antonio Gaudi wurde am 25. Juni 1852 geboren, er starb unglücklich am 10. Juni 1926 nach einem Unfall mit einer Straßenbahn in Barcelona. Bekannt wurde Gaudi als Architekt katalanischer Herkunft. Kein Architekt vor ihm wagte es, solch eine kreative und plastische Bauausschmückung in Gebäuden zu integrieren. Seine Bauweise ist nicht nur einzigartig, sondern auch recht mutig gewesen.
Er war berühmt für seinen herausragenden Stil. Dazu zählen verspielte Dächer, farbenprächtige Mosaike und phantasievolle Fassaden, aber auch eigenwillige, außergewöhnliche Muster mit runden, organisch wirkenden Formen und die häufig mit Motiven der Flora und Fauna durchsetzten Elemente.
Die Inspiration hierfür holte sich der Feingeist ausschließlich in der Natur. Ich wünschte, es gäbe mehr solche Geister, die etwas durchdachtes Nachhaltiges erschaffen, und weniger die seelenlose Schnell-schnell-Architektur umsetzen. Bei Gaudi sucht man Ottonormalstandard vergebens. Weder rechte, starre Formen noch Winkel finden sich in seinen Werken. Ich schätze, es war das Schicksal, das sich ihm als Chance anbot.
Gaudi war als krankheitsanfälliges Kind gezwungen, lange Ruhezeiten in der Natur zu verbringen. Dort verbrachte er Stunde um Stunde damit, die Geheimnisse und Geschehnisse der Natur zu beobachten. Das ist meditativ und eine wahre Inspiration in Verbindung mit dem Schöpfer.
Ein aufrechter Baum: Er trägt seine Äste und diese Zweige und diese Blätter. Und jeder einzelne Teil wächst harmonisch, großartig, seit der Künstler Gott ihn geschaffen hat.
Der spirituelle Rebell Gaudi versenkte sich
Die Natur war ihm daher die größte Lehrerin, durch sie lernte er ganz natürlich die Essenz von Mensch, Raum und Umwelt kennen und fand dabei den Sinn der Architektur in Einklang mit allem. Vielleicht war genau das der Schlüssel. Womöglich schöpfte Gaudi all seine Kraft aus seinen Visionen, seiner Meditation in der Natur, denn scheinbar ist vielen Menschen heute gar nicht bewusst, dass Gaudi regelmäßig meditierte.
Jeden Morgen nach dem Erwachen galt es für Antonio, sich zuerst seiner Meditation zu widmen, bevor er den Tag begann. Er ist ein schönes Beispiel dafür, dass das Schicksal uns über unglückliche Umwege oft zum eigentlichen Ziel führt.
Es gibt zwei Typen von Menschen: Menschen des Wortes und Menschen der Tat. Die Ersten sprechen nur, die Zweiten handeln auch. Ich gehöre zur zweiten Gruppe.
Ein aufrechter Baum trägt seine Äste. Aus ihnen entstehen Zweige und daran wachsen seine Blätter. Jeder einzelne Teil wächst harmonisch, seit Gott, der große Künstler, ihn erschaffen hat. Antonio Gaudis naturliebende Gedankengänge folgten ihren eigenen Mustern und liefen immer unter der Berücksichtigung aller Naturgesetze ab.
Mr. Unglaublich widmete sich ab seinem 31. Lebensjahr seinem bis heute größten Werk, dem sakralen Bau der Sagrada Familia in Barcelona. Der einzigartige und außergewöhnliche Architekt war ein Träumer und Naturliebhaber, dennoch arbeitete er perfekt, präzise, verspielt und sehr genau. Er liebte Konzepte, die widersprüchlich erschienen, ein absoluter Rebell seiner Zeit. Er war Künstler und Handwerker zugleich, Architekt religiöser als auch ziviler Bauten, sehr strikt, was die technischen Details anging, und besaß eine grenzenlose Kreativität.
Die Spiritualität in der Sagrada Familia
Die Sagrada Familia, was soll ich sagen, atemlos stehe ich vor dieser Fassade. Hier herrscht der reine Wahnsinn – so etwas Gigantisches vor meinen Augen, ungewöhnlich und noch nie zuvor habe ich solch einen abstrakten Stil gesehen. Von den kantigen Skulpturen der Fassade über das dunkle, organische Gewaber an der anderen skurrilen Fassade, all das ist bereits zu Gaudis Lebzeiten entstanden.
Das provoziert einen gewaltigen Eindruck, als wäre der gesamte steil hochschießende Bau im Grunde ein einziges, entschiedenes Aufbäumen der Erde in Richtung Himmel, als würfe sich der Schöpfer selbst der Schöpfung entgegen. Durch Felslappen ringsum wirkt es wie eine Geburtsfassade. Die Höhle, in die sie mich führt, ist der Ort, der den Menschen bis heute zum Gottesdienst dient. Sie ist nicht von dieser Welt. Gaudi hatte eine Vision:
Neue Formen zu entwerfen, die es ihm erlauben würden, zu experimentieren und seine kreativen Interessen zu entwickeln. Experimentieren von all diesen vielen Einflüssen, ob orientalisch oder neoklassizistisch, einfach alle genialen Formen finden sich in seiner Architektur.
Von Spiritualität bis zur Nachhaltigkeit
Antonios Stile entstanden mit einer neuen visionären Lösung, die aus/für/mit/ Materialen wie Eisen, Beton, Glas und Keramikfliesen erschaffen wurde. Existierende Materialien, die bereits industriell produziert wurden, um auch die Kosten niedrig zu halten und Ressourcen zu sparen – Gaudi war ein Vorreiter der Zukunft. Wir nennen das heutzutage Upcycling.
Er war ein genialer Pionier mit zeitgenössischen Ideen, einer sich in sich widerspiegelnden Ökologie, die sich durch seine Arbeiten mit wiederverwertbaren Materialien auszeichnete. Einfach mal Zeichen setzen in Phasen von Umbrüchen, wo Bauweisen zur persönlichen Ausdrucksform des eigenen Selbst werden können. Gaudi hat seine eigenen Fußspuren im Sand hinterlassen.
Doch da fängt Spiritualität nicht an und hört sie nicht auf. Er betrachtete die Natur als seine hauptsächliche Lehrmeisterin für alles, was mit Erschaffen zu tun hat. Sein Baustil wurde beeinflusst von seiner katholischen Spiritualität, sie vertiefte seine Kenntnisse in christlichen Traditionen. Auf die Frage, ob die Sagrada Familia eine der großen Kathedralen sei, antwortete er: „Zwar baue ich die Kirche der Heiligen Familie, doch eigentlich erbaut mich die Heilige Familie“.
Das nenne ich Mut. Dazu braucht es Vertrauen, Stärke, Disziplin, Courage und Pioniergeist, eigene Ideen, eine eigene Umsetzung und einen eigenen Glauben. Pioniergeister wie Gaudi reißen sich von früheren Traditionen los und erschaffen eine neue eigene Sprache. Es gibt keinen Zweifel, dass er auf seine eigene Weise einen neuen Stil kreiert hat.
Gaudis Revolution
Gaudi lebte in einer revolutionären Zeit in Barcelona, die von intensiver wirtschaftlicher und urbaner Entwicklung geprägt war. Eine Art Wiedergeburt (Samsara) artistischer Projekte und der Restauration katalanischer Werte. Alle diese Aspekte nahmen Einfluss auf seine Visionen und seine eigene Art zu arbeiten. Organische Elemente zeichnen seine Werke aus. In beruflicher Hinsicht hatte er eine enge Verbindung zu Barcelona, der Stadt, in der er sein Studium abschloss, und zugleich seine Heimat war, in der er den Großteil seiner Werke verewigt hat.
In göttlicher, schöpferischer und zukünftiger Hinsicht hat er jedoch Weltverbindungen geschaffen. Gaudi hatte sich ganz der Kunst verschrieben. In seinem Leben war kein Platz für Kommerz, Liebe und Familie. Seine große Leidenschaft war die Baukunst im weitesten Sinne, die er mehr und mehr als eine intensive Form der Verkündigung erachtete. Die Schöpfungsordnung als harmonisches und geordnetes Werk des Schöpfers war für ihn Vorbild seiner Architektur.
Alles, was seine Baukunst zeigt, verweist auf etwas, zwingt uns aber nichts auf. Diese Art und Weise, Kunst und Kultur in etwas Natürliches zu verwandeln und seine tiefsten Absichten, hinter all seinen Skulpturen der prachtvollen Bauten zu begreifen … Ich habe alles versucht, sein inneres Wesen zu erforschen.
Auf diese Weise werden Freiheit und Glück möglich. Das ist der einzige Weg, dem der Mensch folgen muss.
Ich bin, war und werde immer begeistert, verblüfft, verzaubert und inspiriert bleiben von diesem wahren Magier, bis in die Ewigkeit. Antonio Gaudi, Mr. Unglaublich, ich hoffe, es erschaffen viele andere spirituelle Architekten und Feingeister, wie Du selbst einer warst, eine solch gesunde, naturbewusste Architektur nach den Gesetzen der Natur und in Deinem Sinn.
„Auf diese Weise werden Freiheit und Glück möglich. Das ist der einzige Weg, dem der Mensch folgen muss.“